Kennen Sie dies? Ein lauer Sommerabend, der Höllentäler weht erfrischend durch die Wiehre, eine Zeit zum ruhigen Entspannen auf dem Balkon oder bei offenen Fenstern. Ruhig? Wenn da mal nicht die lautstarke Geburtstagsfete der Nachbarn bei offenen Fenstern, auf dem Balkon oder im Garten und, damit auch alle es hören dürfen, entsprechender Party-Musik, wäre? Oder Sie genießen eine Zeit auf dem Balkon und der Laubbläser, die Bohrmaschine, der Rasenmäher, der Hochdruckreiniger, das Üben mit dem Musikinstrument – bei offenem Fenster versteht sich – übertönen nicht nur das Gespräch, sondern auch die Freude, im Freien sitzen zu wollen?
Während im Bereich Verkehrslärm eine breite Öffentlichkeit hergestellt wird, oft auch kostspielige Schutzmaßnahmen, wie z.B. Lärmschutzwände entlang von Bahnstrecken, getroffen werden, stellt das Bundesumweltamt klar, dass für die meisten Mitbürgerinnen und Bürger nach dem Verkehrslärm (67 %) der Lärm von Nachbarinnen und Nachbarn (58 %) die Hauptlärmbelästigung darstellt. Beim Schienenlärm sind es gerade noch 23 %.
Was nun? Neben der messbaren Stärke der Beschallung in Dezibel (dB) ist bei Lärm auch die eigene Wahrnehmung, ob etwas als störend empfunden wird, nicht unerheblich. Was für die eine Person Freude ist, dass da jemand ein Instrument spielt, dass überhaupt noch jemand
handwerklich tätig ist oder seinen Garten pflegt, martert das Gehör und damit die Nerven anderer. Lärm ist daher sehr vielschichtig und lässt vom Lärm Betroffene auf unterschiedliche Art leiden. Trivial ist jedoch, dass das Ohr sich eben nicht ausschalten lässt, das Gehör ist immer aktiv. Ab 120 dB ist die Schmerzgrenze im Regelfall erreicht.
In Baden-Württemberg gilt die Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr und in Freiburg die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr sowie eine ganztägige Sonn- und Feiertagsruhe. „In dieser Zeit sind alle Betätigungen verboten, die geeignet sind, die Nachtruhe zu stören“ (§ 3 Polizeiverordnung Freiburg). In reinen Wohngebieten ist der nächtliche Freizeitlärm auf 35 dB begrenzt, also leiser als das Brummen eines Kühlschranks (siehe auch: www.dezibel-messung.de/dezibel-skala/). Lärm, wenn er den Schlaf stört, macht nachweislich krank, da der Körper dann in eine Art Alarmzustand gerät.
Die Polizeiverordnung zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und gegen umweltschädliches Verhalten in der Stadt Freiburg i. Br. vom 27. Juli 2021 ist da eindeutig:
Rundfunk- und Fernsehgeräte, Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte und Musikinstrumente dürfen nur in solcher Lautstärke betrieben oder gespielt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt oder gestört werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Geräte oder Musikinstrumente bei offenen Fenstern oder Türen, auf offenen Balkonen, in Park- oder Freizeitanlagen oder in Kraftfahrzeugen betrieben oder gespielt werden (§1 (1)). Nichtgewerbliche Arbeiten, die geeignet sind, die Ruhe anderer zu stören, dürfen nur an Werktagen in der Zeit von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 19.00 Uhr ausgeführt werden (§2 (1)). Verstöße können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Und Gaststätten? Ihnen können gemäß Gaststättengesetz entsprechende Auflagen gemacht werden.
Wie das meiste in Deutschland scheint nun alles gut geregelt – und dann? Nachfolgend einige Fragen, die Ihnen vielleicht helfen können, wenn Sie nicht unmittelbar die Einhaltung der Polizeiverordnung durch die Behörde durchsetzen lassen wollen:
- Kennen Sie den Grund des Lärms? Wurde z.B. die Party vorher angekündigt? Wurden Sie z.B. über einen möglichen Baulärm frühzeitig informiert?
- Ist zu erwarten, dass die Lärmbelästigung länger andauert oder wird sie in absehbar kurzer Zeit wieder beendet sein?
- Findet diese häufig statt?
- Konnten Sie mit der Verursacherin/ dem Verursacher darüber sprechen? Zeigte diese/dieser Einsicht? Hat sich dann auch etwas geändert?
- Nehmen andere Nachbar*innen den Lärm wie Sie wahr? Konnten Sie mit diesen darüber sprechen? Konnten Sie gemeinsam aktiv werden?
- Haben Sie bereits eine Dezibel-Messung durchgeführt?
- Konnten Sie mit dem Gaststättenbetreiber über die Lärmbelästigung sprechen? Vielleicht kann dieser einen deutlich erkennbaren Hinweis sowohl in der Speisekarte als auch an der Ausgangstür anbringen, dass zum Schutze der Nachtruhe bitte u.a. auf laute Gespräche an der Ausgangstür zu verzichten ist? Vielleicht ist es auch möglich, die Fenster der Gaststätte rechtzeitig zu schließen und somit auch ein Zeichen zu setzen, dass die Nachtruhe beginnt und diese einzuhalten gilt.
Gewiss, es ist nicht immer leicht, das Gespräch mit den Verursacher*innen aufzunehmen. Helfen kann es, und wenn dann wirklich gar nichts hilft, dann können Sie sich immer noch die Unterstützung gemäß Polizeiverordnung holen. Dies könnte jedoch dann wirklich der letzte und nicht der erste Schritt zur Lösung einer Lärmbelästigung werden. Lärm ist daher nicht etwa Nichts, eine zu vernachlässigende Größe, er lässt sich eingrenzen und geht uns alle auf unterschiedliche Art und Weise an.
Claus Ramsperger