Baumschutz in Deutschland ist ein vielschichtiges Zusammenspiel von Naturschutzbestimmungen, kommunalen Verordnungen und privaten Nachbarrechtsregelungen. Freiburg hat mit der „Satzung zum Schutz des Baum-bestandes“ vom 29. Juli 1997 eine Regelung aus dem Jahre 1993 aktualisiert, um den wertvollen Baumbestand im Stadtgebiet zu erhalten und diese zuletzt am 16. April 2022 noch einmal novelliert.
Geschützt sind danach grundsätzlich Laub- und Nadelbäume ab einem Stammumfang von 80 cm, gemessen in einem Meter Höhe. Langsam wachsende Arten wie Eiben oder Buchsbäume unterliegen bereits ab 40 cm Umfang dem Schutz. Auch Kirsch- und Nussbäume sind besonders geschützt. Baumgruppen und -reihen können unter die Satzung fallen, selbst wenn einzelne Exemplare kleiner sind.
Wer einen solcherart geschützten grünen Schatten- und Sauerstoffspender in seinem Garten hat, ist zur baumerhaltenden Pflege verpflichtet.
So sind Pflege- und Formschnitte erlaubt, müssen aber fachgerecht erfolgen und dürfen in der Schutzzeit vom 1. März bis zum 30. September nicht die Lebensräume brütender Vögel gefährden. Radikale Rückschnitte, die das Erscheinungsbild oder die Vitalität gefährden, sowie Maßnahmen, die zum Absterben führen oder die Wurzeln stark beschädigen, sind verboten.
Auch Nachbarn haben Rechte und Pflichten: Überhängende Äste dürfen nur entfernt werden, wenn zuvor eine angemessene Frist zur Selbstbehebung gesetzt wurde, wobei Schattenwurf, Laubfall oder Wurzeleinwuchs in der Regel keinen Anspruch auf Rückschnitt oder Entfernung begründen. Eingriffe durch Nachbarn unterliegen ebenfalls den Vorgaben der Satzung und dürfen nicht eigenmächtig erfolgen.
Die Stadt Freiburg, genauer das Garten- und Tiefbauamt, kontrolliert die Einhaltung der Baumschutzverordnung und geht Hinweisen von Bürgerinnen und Bürgern nach.
Bei Nichteinhaltung der Verordnung drohen Bußgelder. Je nach Schwere des Eingriffs und Schutzstatus des Baumes liegen diese zwischen 5 € und max. 25.000 € bei fahrlässiger, sowie max. 50.000 € bei vorsätzlicher Zuwiderhandlung für diese Ordnungswidrigkeit.
Soweit so gut – oder eben doch nicht?
Manchen Grundstückseignerinnen und -eignern oder Bauträgern ist es möglich, das Bußgeld ohne Schmerzen zu bezahlen, sodass das Anliegen der Verordnungen unterlaufen werden kann.
Hier zeigt sich: Der Schutz unserer Baumriesen braucht nicht nur klare Regeln, sondern eine Stadtgesellschaft, die das gezielte Umgehen dieser Regeln nicht duldet – weder vor dem Gesetz noch im sozialen Miteinander. Solange Bußgelder als kalkulierbare Kosten gelten, bleibt der Schutz unserer Baumriesen eine Frage des gesellschaftlichen Bewusstseins – und der Bereitschaft, fragwürdiges Verhalten nicht nur juristisch, sondern auch im persönlichen Miteinander deutlich zu missbilligen. Denn wenn Baum- und Naturschutzgesetze gezielt missachtet werden, darf Schweigen keine Option sein.
Loretta Lorenz