Realistisches Naturverständnis?
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Die Wiehre liegt unmittelbar am Sternwald. Wir sprachen mit Dr. Hans Burgbacher, Stadtforstdirektor Freiburg, über Holzwirtschaft und Naturverständnis.
Dr. Burgbacher, auf dem Spaziergang im März mit unserem Bürgerverein sprachen wir über die Waldbewirtschaftung. Wie geht das Forstamt vor?
Unsere Haupttätigkeit ist tatsächlich die Holzwirtschaft. Wir haben mehrere Millionen Nadel- und Laubbäume im Bestand. Jedes Jahr fällen wir rund 5.000 und liefern einen wertvollen nachwachsenden Rohstoff. Gleichzeitig weisen wir Schutzflächen aus, zur Walderholung und um besonders wertvolle Lebensräume zu schützen. So sorgen wir dafür, dass ein Vielfaches an Bäumen nachwachsen kann. Dennoch gibt es Kritik.
Wofür?
Auch die nachhaltige wirtschaftliche Nutzung der Ressource Wald wird teilweise als Waldzerstörung angesehen. Mit diesem Eindruck werden wir immer wieder einmal konfrontiert. Ich meine allerdings, dass hier ein Missverständnis vorliegt.
In welcher Hinsicht?
Manche halten das Fällen eines Baumes für grundsätzlich verwerflich. Es gibt auch die Gegenseite, die völlig achtlos mit Ressourcen wie Holz oder Wald umgeht. Beide Seiten zeigen meiner Ansicht nach vor allem eins, dass der lebendige Bezug zur Nutzung von Wald verloren geht.
Feldwirtschaft, Holzwirtschaft, Tierhaltung, das ist die Basis unseres Lebens. Der Mensch lebt von der Natur. Wovon sonst?
Sehen Sie, ich bin Förster und Jäger. Ich weiß, die Jagd ist umstritten. Aber sie ist auch das älteste Gewerbe des Menschen. Das Fleisch, die Knochen und Felle haben die frühen Menschen ernährt, gekleidet und ihnen Werkzeuge geliefert. Heute, wo Wolf und Luchs fast verschwunden sind, regulieren wir die Wildtierbestände. Die Jagd ist, wie die Wildtiere-Hege, ein unverzichtbarer Beitrag für das Ökosystem Wald. Die Holzwirtschaft ist ein wichtiger Beitrag zur Volkswirtschaft.
Mögen Sie das erläutern?
Der Freiburger Wald ist seit Urzeiten ein bewirtschafteter Raum. Wir leben von ihm und pflegen ihn. Ist es nicht besser, regionales Holz zu nutzen, als es von Übersee einzuschiffen? Die Verklärung natürlicher Räume geht an der Realität vorbei. Um das ins Gedächtnis zu rufen, haben wir übrigens das WaldHaus aufgebaut.
Welche Aufgabe hat das WaldHaus?
Der Zweck der WaldHaus-Stiftung ist die Umweltbildung. Wir arbeiten vor allem für und mit Schulklassen. In unserer Grünholzwerkstatt und auf Exkursionen können die jungen Leute ein Gespür dafür entwickeln, wie ein Wald funktioniert und was Holzwirtschaft bedeutet.
Natürlich hat der Wald auch etwas Magisches, er ist in vielen Märchen präsent. Mit dem Skulpturenweg und dem Pilzpfad „Mycelium“ schaffen wir Atmosphäre. Unser Ziel ist aber vor allem Aufklärung über ein hochkomplexes Natursystem, in dem der Mensch seit langem eine bedeutende Rolle spielt. Es geht uns um ein realistisches Naturverständnis.
Das WaldHaus wollen wir als Forum für aktuelle Umweltthemen in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Freiburg verfügt mit der Universität, der Forstlichen Versuchsanstalt, der Forst-direktion und dem Forstamt über hochkarätige Forstkompetenz. Die möchten wir noch mehr nach vorne bringen. Auch Kunst und Kultur wollen wir verstärkt in das Konzept einbinden. Eins kann ich allerdings allen Interessierten heute auch schon sagen, eine private Nutzung für Feiern wird es dort nicht mehr geben.
Herr Dr. Burgbacher, wir danken für das Gespräch.