Der Nahverkehr auf der Schiene im Raum Freiburg sollte mit dem Fahrplanwechsel ab 15.12.2019 stetig besser werden. So war es versprochen, doch ein Realitätsabgleich am Wiehrebahnhof ist ernüchternd.

Seither ist an der Höllentalbahn die Hölle los.
Verspätungen und Zugausfälle führten zu überfüllten Zügen, viele Pendler erschienen über eine Stunde später am Arbeitsplatz und kamen, für viele noch schlimmer, über zwei Stunden zu spät nach Hause. Ab 07.01.2020 sollte dann alles besser werden, aber auch die ersten Tage nach den Ferien waren Verspätungen eher die Regel als die Ausnahme. So bleibt es morgens auf dem Bahnsteig spannend: Kommt der Zug oder kommt er nicht? Viele fahren vorsichtshalber mit dem Auto statt per Rad zum Bahnhof, um bei Zugausfall doch schnell das Auto nach Neustadt zu nehmen. Positiver Nebeneffekt: Spontane Mitfahrangebote bringen Menschen nach der bekannten Lautsprecherdurchsage mit der „Bitte um Verständnis“ zusammen in ein Auto und miteinander ins Gespräch.

Wenn der Zug doch kommt, muss man schnell sein: Viele haben sich noch nicht daran gewöhnt, dass die Züge nicht mehr doppelt so hoch (Doppeldecker gibt es nicht mehr auf der Strecke), dafür aber dreimal so lang sind. Beobachtbare Folge davon ist, dass die vordersten Wagen schön leer an einem vorbeirauschen, um gefühlt erst knapp unterhalb der Brücke zu halten, während sich hinten zu-nächst alles schnell in den Zug drängelt und um einen Platz, möglichst einen Sitzplatz „kämpft“. Wenn bald noch Ski- und Schlittenfahrer hinzukommen, die ihr Equipment sicher auch nicht an den vordersten Zaun schleppen, wird sich diese Situation vermutlich noch verschärfen.

Apropos Sitzplatz: Nur nicht zu nah an den Türen Platz nehmen. Das durchdringend kreischende Geläute der sich öffnenden und schließenden Automatiktüren geht durch Mark und Bein. Wer nur hat diese Töne erfunden? Wenn diese angeblich von der EU vorgeschriebenen akustischen Signale v.a. auch sehbehinderten Menschen den Aus- und Eingang schnell und sicher finden lassen sollen, wie uns ein freundlicher Schaffner bei den ersten Beschwerden erklärt hat, warum geht die Bahn offenbar davon aus, dass Blinde gleichzeitig auch schwerhörig sind? Und überhaupt: Warum spielt diese Sirene nicht statt einer Melodienfolge z.B. im Beethovenjahr die Europahymne? Wir betreten z.Z. ja auch freudetrunken die Bahn – wenn sie denn endlich kommt.

Die neuen gelb-schwarz-weißen Triebwagen mögen ja ganz attraktiv in den Farben Baden-Württembergs daherfahren, innen sind sie in der Raumaufteilung noch recht gewöhnungsbedürftig: Die Einstiege sind eher schmal und die Sitzplätze oftmals nur über drei Stufen zu erreichen, die kein Arthroseknie wirklich braucht. Für Pendler wie Langstreckenfahrer erfreulich ist die Entdeckung, dass jetzt auch die Nahverkehrszüge mit Steckdosen ausgestattet sind. So kann man sein Handy notfalls aufladen, um den Lieben daheim die Zugverspätung zu melden.

Zum Schluss doch noch ein uneingeschränktes Positivum: Gegenüber den alten Zügen hat der Verkehrslärm der aus dem Höllental kommenden Züge in der Wiehre westlich der Bürgerwehrbrücke stark abgenommen. Das Quietschen beim Bremsen in den Stationen ist aber weiterhin neuester „Stand der Technik”.

Kurz vor Redaktionsschluss erreicht uns die Mitteilung, dass die Bahn ab Februar zur Reduktion der Komplexität vorerst auf ein halbstündliches Flügelkonzept im Bahnhof Gottenheim verzichtet. Der Zug von Gottenheim nach Villingen fährt nur noch jede Stunde. Damit er-hofft sich die Bahn, die Pannenserie abzustellen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Klaus Füsslin und Loretta Lorenz