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Ein Gespräch zwischen dem alten und dem neuen Bürgervereinsvorsitzenden über Stadtteilthemen und die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung
WiehreJournal:    Herr Kampp,  Glückwunsch zur Wahl zum Ersten Vorsitzenden des Bürgervereins Mittel- und Unterwiehre. Wenige Wochen Mitglied und schon Vorsitzender: Sind Sie schon mit dem Plan, für den Vorsitz zu kandidieren, in den Bürgerverein eingetreten?
Kampp:      Nein. Mich interessierte die Arbeit des Bürgervereins für den Stadtteil und als ich vernahm, dass sehr viele Vorstandsmitglieder nach vielen Jahren ausscheiden wollten, erschien mir die Kandidatur für den Vorstand reizvoll.
WJ:    Herr Reinwald, nach vorangegangener nahezu zwanzigjähriger Vorstandstätigkeit haben Sie Ende Januar 2009 den Vorsitz des Bürgervereins übernommen; aus rund 400 Mitgliedern wurden in dieser Zeit nahezu 600, größtenteils aus dem Bereich südlich der Lorettostraße.  Welche Themenschwerpunkte gab es in diesen viereinhalb Jahren im Stadtteil?
Reinwald:    Die Erarbeitung der Stadtteilentwicklungsleitlinien (STELL)  durch viele Bürger der Wiehre ist für die Zukunft unseres Stadtteils von größter Bedeutung. Kindergartenplätze waren ein wichtiger Schwerpunkt, auch wenn wir in der Schwimmbadstraße für eine Verkleinerung eines  für einen Altbau überdimensional geplanten Kindergartens auch im Interesse der Kinder gekämpft haben. Spielplätze, Bolzplätze gehörten dazu genauso wie die Themen Bebauungspläne, verträgliche Nachverdichtung oder auch die Geschichte unseres Stadtteils.
WJ:    Ein dickes Themenpaket, Herr Kampp. Werden Sie diese Themen weiter beackern? Wo wollen Sie die Schwerpunkte für die nächsten Jahre setzen?
K:    Ich denke, wir werden an die STELL als Magna Charta unseres Stadtteils anknüpfen; unser Stadtteil entspricht zu einem Gutteil der Forderung nach Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten. Freiburg wächst, daher wird auch in Zukunft der Druck nach Nachverdichtung und neuer Bebauung auch in der Wiehre nicht abnehmen. Diese Entwicklung gilt es konstruktiv und mit Blick auf die Gesamtinteressen unseres Stadtteils aktiv zu begleiten. Zunehmend wird das Thema generationsübergreifendes Wohnen und Arbeiten wichtiger werden. Hier geht es um eine quartiersnahe Nahversorgung für Jung und Alt.
WJ:     Ihre erste Presseerklärung hob stark auf das Thema Ablehnung einer Wonnhaldebebauung ab; die Mitgliederversammlung hat den Vorstand beauftragt, bei jeder Gelegenheit gegenüber der Stadtverwaltung diese ablehnende Haltung zu betonen. Wie soll das in der Praxis geschehen?
K:    Wir dürfen das Thema Wonnhalde nicht überbewerten; der Bürgerverein ist keine Bürgerinitiative – die Wonnhalde ist eines von vielen Themen in unserem vielschichtigen Stadtteil. Wir haben die Gesamtentwicklung im Blick zu haben.
Wj:     Also kein Eindruck in den Briefbogen ähnlich dem „Ceterum censeo …“  des alten Cato im alten Rom?
K:    Klares Nein, aber: wir werden die klaren Beschlüsse zweier Mitgliederversammlungen, die sich gegen eine Bebauung der Wonnhalde richten, engagiert gegenüber der Stadtverwaltung vertreten, wann immer dies angezeigt ist.
WJ:    Herr Reinwald, bei der satzungsgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Stadtteils gegenüber der Stadtverwaltung gibt es Reibungen, es knirscht auch mal. Wie war Ihr Verhältnis zum Oberbürgerrmeister und zum Baubürgermeister, welcher ja für einen Großteil der aktuellen Themen zuständig ist?
R:    Die Zusammenarbeit mit dem Oberbürgerrmeister war nicht immer einfach, mit manchen Entscheidungen des OB  waren wir auch nicht einverstanden. Die Zusammenarbeit mit
Baubürgermeister Haag war recht gut, wenn wir auch beispielsweise zur Nachverdichtung  deutlich unterschiedlicher Auffassung waren.
WJ:    Und, Herr Kampp, sehen Sie wegen der Bau- und Verkehrspolitik der Stadt Konflikte am Horizont? Ein paar Stichworte: Franziskaner-Kloster, Schlierbergbebauung, doppelter B-31-Infarkt durch Reparatur der Leo-Wohleb-Brücke im Spätsommer einerseits und Abbruch der Kronenbrücken für dieStadtbahn Kronenstraße andererseits?
K:    Da gibt es einen erheblichen Diskussionsbedarf; dass hier gegenläufige Interessen vorliegen, ist offenkundig – wir müssen uns um einen Ausgleich bemühen; ich freue mich jedenfalls auf den konstruktiven und kritischen Dialog über diese dringenden und wichtigen Themen.
WJ:    Herr Reinwald, ein Rat für Herrn Kampp?
R:    Immer nachhaken und am Ball bleiben, sich von den Behörden nicht vertrösten lassen – alles auf Wiedervorlage! Und ganz wichtig: Teilbereichsbebauungspläne fordern, um die für unseren Stadtteil wichtige und traditionelle Blockrandbebauung zu retten.
K:    Der Verein sollte noch stärker im Stadtteil verankert werden, um seine Legitimation, für den Stadtteil zu sprechen, zu erhöhen. Die Verwaltung sollte im Sinne einer stärkeren Partizipation die Bürgervereine stärker einbeziehen.
R:    Zu OB Böhmes Zeiten waren wir da schon weiter.
WJ:     Ihren, Herr Reinwald, nach den gesundheitlichen Niederschlägen der letzten Monate: gute Genesung; und Ihnen, Herr Kampp, ein gutes Händchen zum Wohle unseres Stadtteils.
Das Gespräch führte Klaus Winkler