Ein Blick in die Straßen unseres Quartiers verrät, welche Veränderungen die massenhafte Autopräsenz im Laufe der letzten Jahre bewirkt hat: Beiderseits einer Straße Auto an Auto, kaum ein Queren der Straße möglich, Kreuzungen so vollgestellt, dass die Sicht auf Verkehrsbewegungen erschwert, wenn nicht sogar fast zu einem sicherheitsbedrohenden Risiko einer Kollision mit Fahrzeugen wird.
Was bedeuten Autos für uns?
Selbstverständlicher Zusatz zur Wohnung als Transportmittel für Gepäck, Getränke, Kinder; das Auto ist Freiheitsbringer, Aktivitäten-Ausdehner, Wohnungsvergrößerer, ggf. Gartenhütte, Stauraum, Schlafplatz, Kinosessel, variabel für alle möglichen Zwecke, an allen möglichen Orten einsetzbar… Aber auch: Gehwegblockierer, Sichtbremse, Hindernis, Nachbarärgernis, vor allem dann, wenn es durch seine Größe Sicht aus Wohnungen versperrt; es ist Vorgartenzerstörer, Luftverpester, und „Stehzeug“ statt Fahrzeug… . Und noch vieles mehr wird von einem Auto in unserer heutigen Gesellschaft und Lebensweise erwartet. Durch dessen oft gedankenlose Benutzung wird sowohl uns selbst als auch der Allgemeinheit und Umgebung einiges an Unannehmlichkeiten zugemutet.
Erst seit wenigen Jahren erkennen wir, dass die Automobilität nicht nur Vorteile und Verbesserungen bewirkt, sondern auch massive Eingriffe in die eigene persönliche Umgebung verursacht:
- Eine Straße wie die Erwinstraße, vormals in beiden Richtungen nutzbar, wird zur Einbahnstraße, weil Platz gebraucht wird für die zahlreichen Bewohnerparkplätze.
- Kleine Wohnstraßen in der Wiehre werden tagsüber zu Parkplätzen von Berufstätigen aus Umlandgemeinden.
- Straßenkreuzungen werden immer weiter zugeparkt und sind nicht mehr verkehrssicher zu überblicken und zu überqueren, ein wachsendes Risiko für Kinder, für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, für ältere Menschen.
- Gehwegbreiten werden zugunsten der Autos eingeschränkt; es können Gehwege mit Kinderwagen und Rollatoren oft kaum mehr ohne Einschränkung begangen werden.
- Bäume werden zugunsten von Stellflächen gefällt, Straßenbegleitgrün dezimiert, weichen neuen Einfahrten in Grundstücke, usw.
Was ist zukünftig zu tun? Wie können wir unsere teilweise historisch wertvollen Wohn- und Mischgebiete so erhalten, dass sie auch noch in späteren Jahren den vielfach unterschiedlichen Anforderungen an unsere zunehmend komplexeren Lebensbedürfnisse gerecht werden und anpassbar bleiben? Wollen wir künftig (immer noch) ein eigenes Auto haben oder können wir es vielleicht mit anderen teilen? Ist das Lastenvelo eine der möglichen Alternativen? Wie kann der ÖPNV noch besser als bisher unsere Mobilitätsbedürfnisse befriedigen? Der Gemeinderat der Stadt Freiburg hat auf seiner Agenda, dem weiteren zahlenmäßigen Anstieg vor allem der „Stehzeuge“ entgegenzutreten und will dies unter anderem mit einer Erhöhung der Anwohnerparkgebühren steuern. Seitens der Stadt wird argumentiert, dass jeder Stellplatz letztlich Ausgaben für Reinigung, Abgrenzung, Entwässerung, Beleuchtung, usw. verursacht. Kosten, die durch die bisherigen Kfz-Steuern bei weitem nicht abgedeckt sind.
Stellplatzgebühren auf Privatgrundstücken und in Privat-garagen kosten meist ein Mehrfaches bisheriger Anwohnerplaketten. Insbesondere Wohnmobile sollten in den Quartiers-
straßen nur zeitlich limitiert geparkt werden dürfen. Überhaupt ist die private Nutzung des öffentlichen Raums zu überdenken. Die Straßenverkehrsordung stammt aus einer Zeit, in der die Schwemme an Wohnmobilen noch nicht denkbar war und es auch noch keine SUVs gab. Über die Höhe der Anwohnerparkgebühren kann neuerdings die Stadt entscheiden. Ob bei den künftigen Anwohnergebühren auch die Größe des Autos (Geländewagen und SUVs brauchen so viel Platz wie 1,5 Kleinwagen) sowie die Anzahl der für einen Haushalt angemeldeten Fahrzeuge eine Rolle spielen sollen, wird gerade heftig diskutiert. Wir rechnen fest mit einer angemessenen und tragfähigen Entscheidung.
Klaus Füsslin