Am 09.10.2020 wurde der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans (beschleunigtes Verfahren nach §13a BauGB) „Kapellenweg/Kreuzkopfstraße“ Plan-Nr. 4-91 (BaUStA-20/009) veröffentlicht. Seither hört und liest man seitens der Bauverwaltung der Stadt Freiburg nichts mehr. Was man jedoch deutlich sichtbar wahrnehmen kann, ist die weiterhin zügellose Betonierung des Lorettobergs.

Besondere Eindrücke verschafften sich der Gemeinderat Helmut Thoma (GRÜNE) zusammen mit den Vorständen des Bürgervereins (BV) Jürgen Bolder und Wilhelm Sievers bei einem Spaziergang im vom Aufstellungsbeschluss umfassten Gebiet. 

Der Wald des Lorettoberggipfels – ein verwunschenes Kleinod – ist inzwischen nur noch von Süden her zugänglich (Spemannplatz). Der nördliche Zugang wurde mit einem massiven Tor durch die Eigen-tümer*innen der Kreuzkopfsteige versperrt. Besonders eindrucksvoll waren die Blicke von „oben“ auf zwei Anwesen. Kreuzkopfsteige 5, ein verwahrlostes Grundstück (Flst.Nr. 7969/61) mit einem Haus, das seit Jahren unbewohnt ist und immer mehr verfällt. Weiter südlich die „Festung“ der Kreuzkopfstr. 17 (Flst.Nr. 7999) – unter einem braunen Behang verbirgt sich ein sehr massiver Zaun, der die Quader des „Burgfrieds“ umgibt. Unzählige Kameras an Masten und an den Gebäuden überwachen diese markante Hochsicherheits-
anlage.

Aus dem Wald führt ein schmaler Pfad zum Spemannplatz. Das Anwesen Kreuzkopfstr. 23a (Flst.Nr. 7991) – ab hier weitet sich der Weg und ist befahrbar – steht in zweiter Reihe zur Kreuzkopfstraße und passt gut als weitere videoüberwachte Befestigungsanlage zur neueren Entwicklung am Lorettoberg.

An der Kreuzkopfstraße fällt das arg vernachlässigte und seit mehr als einem Jahr unbewohnte Anwesen Kreuzkopfstr. 21 (Flst.Nr. 7994) auf. Weiter geht nochmals der Blick auf das Highlight der ‚Lorettobergisierung‘, der Kreuzkopfstr. 17 (Flst. Nr 7999): eine graue hohe Mauer, bündig mit der Straße, und schwere, videoüberwachte Stahltore – eine Hochsicherheitseinrichtung, die eher zu einer Justizvollzugsanstalt denn zu einem ‚Wohngebäude‘ passt. Die inzwischen übliche Aushöhlung des Berges ist erneut in der Kreuzkopfstr. 11 (Flst.Nr. 7969/58) zu bewundern – hier entsteht auf dem Grundstück in erster Reihe eine Tiefgarage mit bekanntem Quader darüber und als Besonderheit ein
unterirdischer Zugang zum Nachbar-gebäude. An der Ecke Kreuzkopf
straße / Kreuzkopfsteige fällt eine große, unbebaute Fläche auf (Flst.Nr. 9344 und 9344/1). Eine Bebauung würde allerdings den Bewohner*innen des darüber liegenden Gebäudes in der Kreuzkopfsteige die Sicht nach Westen auf oft spektakuläre Sonnenuntergänge nehmen.

 

Die beiden Baugruben am Kapellenweg 5 und 18 (Flst.Nr. 7979/5 sowie Flst.Nr. 7977/3) erstrecken sich fast über deren gesamte Grundstücksfläche. Auf eine besondere Architektur – außer den bekannten Quadern – ist auch hier wahrscheinlich nicht zu hoffen. Gegenüber dem videoüberwachten, weiß ummauerten Kapellenweg 9 (Flst.Nr. 7936/3) fällt der frisch gegraute Garagenunterbau der „Wohn-Aquarien“ des Kapellenwegs 12, 12a, 12b auf (Flst.Nr. 7975/16, 7975/10 sowie 7975/17). Zusammen mit dem neuen „Haus am Hang“ am Kapellenweg 8 (Flst.Nr. 7975/18, 7975/7, 7975/19) ist hier eine Betonschlucht entstanden, die direkt am Rand eines Landschaftsschutzgebietes seinesgleichen sucht. Die Sicht auf den Hildaturm als markantes Wahrzeichen wird von massiven Klötzen versperrt. 

Schaut man zurück auf das vom Aufstellungsbeschluss umfasste Gebiet (www.freiburg.de/pb/1274517.html), dann bleiben nur noch wenige Anwesen, die einer maßlosen Betonierung entzogen werden können. Auf manchem der Grundstückszäune sitzen höchstwahrscheinlich schon die „Geier“. Mehrere Anläufe für die Aufstellung eines Bebauungsplanes hat es in den Jahren 2013, 2018 und endlich 2020 zwar gegeben, aber die hohe Auslastung und Belastung der Bauverwaltung (und damit andere Prioritäten) haben für die „Lorettobergisierung“ – als Synonym für die ungezügelte Bebauung des Lorettoberges – gesorgt. Alles zusammen beste Voraussetzungen für die-jenigen, die weitgehend ungehindert „Großes“ auf dem Lorettoberg schaffen wollen.

Was bleibt von den hehren Zielen des Aufstellungsbeschlusses und eines wahrscheinlich weiter in der Ferne liegenden Bebauungsplanes? Dessen Vorgaben sehen u.a. eine Grundflächenzahl (GRZ) von max 0,2 vor – also nur 20 % eines Grundstücks sollten bebaut werden können. Was bleibt von den schützenswerten Vorgärten und von besonders schützenwerten Bäumen? Alles dies gilt für die jüngst zurückliegenden und aktuellen Aktivitäten kaum. Bäume verschwinden (genehmigt), das Grün der Vorgärten wird durch hohe graue Mauern ersetzt. Eine Veränderungssperre, wie sie in anderen Aufstellungsgebieten in der Stadt durchaus umgesetzt wurde, wurde am Lorettoberg (auch mit dem BV) diskutiert, aber nie weiterverfolgt. Über die Gründe darf spekuliert werden? 

Aus Sicht des Bürgervereins Mittel- und Unterwiehre ist davon auszugehen, dass bis zur Verabschiedung des Bebauungsplans der Lorettoberg komplett im Sinne der Bauwilligen „deformiert“ ist. Der Bebauungsplan kann dann ohne besondere Wirkung in Ordnern verschwinden … 

Und es geht weiter – inzwischen wurden Aktivitäten bekannt, auch den Steinbruch (Flst.Nr. 7971) unterhalb des Hildaturms in der Mercystraße zu bebauen. Aus Sicht des Bürgervereins hat der Bereich Lorettoberg ein großes Potential für hohe Lebens- und Wohnqualität. Solange aber nur der §34 BauGB für die Genehmigungsverfahren in diesen Bereich maßgeblich gilt, wird die ungezügelte, eher der Geldvermehrung unterworfene Bebauung weitergeführt werden, statt auf das Gemeinwohl Rücksicht zu nehmen, das z.B. aus erlebbarer Landschaft für Erholungssuchende besteht. Es ist höchste Zeit, dass dem Bereich des Lorettobergs eine Atempause verschafft wird, in der der Bebauungsplan für eine angepasste Gestaltung der Bebauung entwickelt wird und damit gerettet werden kann, was noch zu retten ist. Dazu wäre jedoch der Gestaltungswille des Gemeindesrates und der Verwaltung erforderlich. 

Anmerkung:
Alle Flurstückgrenzen und Bezeichnungen finden Sie unter dem GeoPortal-BW: www.geoportal-bw.de

Wilhelm Sievers