Vor mehr als 100 Jahren – so ist es auf dem Aquarell festgehalten – wurde der Lorettoberg intensiv landwirtschaftlich genutzt: Weingärten, Streuobstwiesen, einsame Gehöfte, die durch Kutsch-, Reit- und Wanderwege miteinander verbunden waren.
Heute wandern vornehmlich große Baukräne und schwere Bagger von Baustelle zu Baustelle, höhlen den Berg aus und betonieren fast jeden Quadratmillimeter Fläche. Sie schaffen Behausungen für jene Spezies von Menschen, deren besonderes Bedürfnis es zu sein scheint, in einer Festung zu leben. Verglaste Quader, die eher an Aquarien erinnern, sind mit hohen Mauern umgeben und verdrängen immer mehr die kleingliedrige offene Bebauung. Dutzende von Videokameras wurden für eine lückenlose Überwachung der Hochsicherheits-Quartiere installiert. Architekt*innen können sich hier immer mehr im modernen Burgenbau üben – einer Fertigkeit, die in Freiburg große Tradition hat. Die mittelalterliche Umfassung der Stadt und später die spektakulären Bastionen nach den Plänen des Sébastien Le Pestre, Seigneur de Vauban, wurde vor allem gebaut, um die Kontrolle darüber zu haben, wer die Stadt betritt.
Nachdem einige Eigentümer*innen ganze Straßen für die Öffentlichkeit gesperrt haben, ist die Idee nur naheliegend, doch gleich den ganzen Lorettoberg für das „gemeine“ Volk zu sperren …
Mit den jüngsten Plänen, den alten Steinbruch in der Mercystraße zu bebauen, ließen sich die weiteren Wohnfestungen, wie man sie am Lorettoberg inzwischen hinreichend kennt, auch gleich mit einer imposanten Toranlage (Anleitungen finden sich notfalls in den Archiven) stilvoll absperren. Auf der Südseite könnte das zukünftige Sperrgebiet mit einem Wachturm, ähnlich dem Hildaturm, abgeschlossen werden. Dieser „Spemann-Turm“ würde vor allem die Sicherheit der Lorettoberg-Bewohner*-innen von Süden her garantieren.
Die Eigentümer*innen des Lorettobergs könnten dann ihre Bauvorhaben und Wohnphilosophien ungestört ausleben. Ein jährliches „Besichtigungs- und Begegnungsfest“ jeweils im Spätsommer mit begrenztem Zugang für ausgewählte Freiburger*innen würde den Kontakt zu diesen halten. Mit dem Fest würde auch wiederkehrend der Bericht der wissenschaftlichen Begleitgruppe um die Lorettoberg-Stiftungsprofessur veröffentlicht. Die Videoüberwachung und die Zugangskontrolle wären leicht zentral und kosteneffizient zu realisieren. Kurz – nur Vorteile für alle. Kein Mensch würde sich mehr in die schon heute verbotene Zone der Kreuzkopfsteige verirren.
Wilhelm Sievers