Kaum zu glauben, aber endlich mal was Konkretes: Der Gemeinderat beschließt die Aufstellung einer Erhaltungssatzung für die westliche Unterwiehre – Heldenviertel und Merzhauserstraße.

Die Maßnahme soll dafür sorgen, dass künftig die sogenannte Gentrifizierung – das Verdrängen von Bevölkerungsteilen infolge aufwändiger Sanierung von Altbauten – nicht mehr so ohne weiteres möglich sein wird.

Der Bürgerverein begrüßt diesen Schritt und hält ihn für ganz wesentlich, um im Erhalt der Bewohnbarkeit der Wiehre weiter zu kommen. Für uns stellt sich diese Frage vor allem immer konkreter im Altbaubestand der Gründerzeitviertel: Altbauten werden aufgekauft, meist nicht von Bürger*innen, denen die Ges-taltung der Stadt ein Anliegen ist, sondern von Gesellschaften, Unternehmen, Baulöwen. Eine
aufwändige Sanierung wird in die Wege geleitet, und dann steigen die Mietpreise infolge von Verdichtung und Umbauten massiv. Oder man lässt Häuser einfach leerstehen, wartet ab, bis eine Sanierung unausweichlich wird und verhökert das Anwesen mit Grundstück meistbietend an Firmen, die sich vornehmlich darauf spezialisert haben, zwischen guter Altbausubstanz austauschbare Bauklötzchenarchitektur bei maximaler Ausnutzung der Möglichkeiten zu realisieren. Jüngste Beispiele: östlich der vorderen Sternwaldstraße oder jetzt auch Türkenlouisstraße. Bei letzterem Vorhaben wird das dortige Quartier Stück für Stück seines bisherigen vertrauten Gesichts einzelstehender Walmdachhäuser beraubt. Wir werden den Eindruck nicht los, dass die Stadtverwaltung diese spezielle Art der Stadterneuerung nicht mehr im Griff hat, dass man sich letztlich in der Stadtverwaltung nicht ausreichend darum kümmert, wie die Stadt Freiburg ihr einzigartiges, unverwechselbares Gesicht behält.
Wo ist die Persönlichkeit,

  • die Derartiges verantwortungsvoll im Blick behält,
  • die nicht den Investitionsinteressen verantwortungsloser Baumakler*innen und Profitgeiern erliegt,
  • die all dieses Gebaren durchschaut,
  • die Stadtverwaltung und den Stadtrat von Besserem überzeugen kann?

Wie wichtig war doch seinerzeit der Beschluss, einen Gestaltungsbeirat für die Stadt zu installieren. Er hat schon einiges Positives bewirkt. Erhaltungssatzungen müssen her, um die Quartiere mit ihren dekorativen Schönheiten von Fassaden, Vorgärten und meist eisernen Zäunen der Nachwelt zu erhalten, anstatt öden Stellplätzen und trostlosen Steingärten Vorschub zu leisten.

„Freiburg hat eine wahnsinnig prägnante bauliche Struktur, die Identität stiftet“ (FAS vom 1.3.21, S. 31). Es steht viel auf dem Spiel, diese Identität zu wahren. Schon vor drei Jahren haben die Bürgervereine der Wiehre darüber diskutiert, das Gesicht der Wiehre zu wahren. Packen wir’s doch an. Aber gemeinsam und überzeugend und nicht resignierend nach dem Motto: „Die da oben machen doch, was sie wollen!“ Das erzeugt Frust statt Lust.

Klaus Füsslin