© Dieter Salomon

© Dieter Salomon


Oberbürgermeister Dieter Salomon war Festredner auf dem gemeinsamen Neujahrsempfang unserer Bürgervereine Oberwiehre- Waldsee und Mittel- und Unterwiehre. Anlass für das Wiehre Journal, den OB um ein Interview zu bitten.
Herr Oberbürgermeister auf dem Neujahrsempfang haben Sie gleich sowohl der möglichen Bebauung der „hinteren Schlierbergwiesen“ als auch der „Wonnhalde“ eine deutliche Absage erteilt. Wahlkampfgeschenke oder Grundsatzentscheidungen?
Weder noch. Niemand will die Wonnhalde bebauen, weder die Gemeinderatsfraktionen noch die Verwaltung, was ich schon einige Male klargestellt hatte. Der „Hintere Schlierberg“ war in der Tat im Flächennutzungsplan eine mögliche Option für eine spätere Umsetzungsstufe. Eine nähere Überprüfung hat aber gezeigt, dass Wohnungsbau an diesem Standort, mit Hanglage und auf einer ehemaligen Deponie sehr schwierig ist. Das wichtigste Argument dagegen ist die Erschließung, für die eine neue Straße parallel zur Schlierbergsteige durch die Rebflächen zur Merzhauser Straße gebaut werden müsste. All dies hat den Ausschlag dafür gegeben, dass der „Hintere Schlierberg“ nicht weiter verfolgt wird. Anders sieht es beim „Vorderen Schlierberg“, entlang der Merzhauser Straße, aus. Die Stiftung als Eigentümerin wird die Flächen behalten, um hier einen Ersatz des heutigen Johannisheims in einigen Jahren oder andere soziale Einrichtungen schaffen zu können. Es wäre ja widersinnig, wenn die Stiftung die Flächen an der Merzhauser Straße für Wohnungsbau abgibt und dann woanders  Grundstücke für eigene soziale Einrichtungen kaufen müsste. Also bleiben die Flächen „Östlich Merzhauser Straße“ im Eigentum der Stiftung.
Nachgehakt: Die Wonnhaldegärten bleiben auch im Zuge der Fortschreibung des Flächennutzungsplanes „außen vor“? Oder geht dann wieder alles „auf Anfang“?
Zum wiederholten Mal: Die Wonnhaldegärten sollen keine Wohnungsbauflächen werden oder sonst wie bebaut werden. Die Bürgerinitiative fightet also gegen etwas, das niemand will. Ich habe diese Aufregung nie verstanden, weil es keinen realen Grund dafür gab.
Bleiben wir in Richtung Günterstal. Viele Menschen befürchten einen unwiederbringlichen Landschaftsverlust durch das geplante Hochwasserrückhaltebecken. Spötter sprechen sogar von „Salomons Wolfsschanze“. Wie wollen Sie den Bedenken begegnen?
Ich nehme die Sorgen sehr ernst. Aber ich empfehle auch, die Pläne näher anzusehen. Da soll ja keine Mauer gebaut werden, wie der Bürgerverein mit seiner Simulation suggeriert hat, sondern es geht um eine Gestaltung der Landschaft südlich von Günterstal und eine Verlegung der Straße an den Waldrand. Natürlich ist es ein Eingriff in die Landschaft. Aber ohne diesen Eingriff riskieren wir, dass viele Hauseigentümer keine Gebäudeversicherung mehr bekommen, weil der Hochwasserschutz am Bohrer nicht gewährleistet ist, und dass bei Starkregen die Keller absaufen und schlimme Schäden entstehen, bis hin zu faktischen Bauverboten im Einzugs-bereich des so genannten Jahrhunderthochwassers, weil dort keine Baugenehmigungen mehr erteilt werden dürften. Das ist keine Fiktion und droht auch nicht erst in 100 Jahren, sondern kann jeden Tag passieren. Wir lassen nochmals untersuchen, ob man die gleiche Schutzwirkung auch mit niedrigeren Dammhöhen – vielleicht zehn statt 15 Meter – erreichen kann. Aber das bedeutet auch, dass wir viel mehr Fläche brauchen.
Mit Sorge blicken viele auf den Lorettoberg. Mangels gültiger Bebauungspläne werden angesichts der jüngsten Bauprojekte Befürchtungen geäußert, dass der Lorettoberg zum Eldorado für Investoren wird. Monopoly am Loretto?
Nein, kein Monopoly, im Gegenteil ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan „Kreuzkopfstraße“, den der Bauausschuss gefasst hat. Das Ziel heißt, eine geordnete Entwicklung zuzulassen, mit der Betonung auf „geordnet“. Dafür ist der Aufstellungsbeschluss ein rechtliches Instrumentarium.
Immer wieder wird von der Verwaltung Personal- und Ressourcenmangel angeführt, wenn es um Bebauungspläne geht. Darf eine Kommune aus Kostengründen auf Dauer auf Bauplanungsrecht und Gestaltung verzichten?
Das  tut Freiburg auch nicht. Es sind mehrere Bebauungspläne im Verfahren, die die Entwicklung steuern und gestalterischen Einfluss sichern sollen. Der bereits erwähnte Plan „Kreuzkopfstraße“ ist einer, weitere Beispiele sind die Bebauungspläne für Maria Hilf oder das Ganter-Areal. Aber eines ist auch zu beachten: Wir können nicht alles gleichzeitig, deshalb kommen die dringendsten Themen als erste, und andere werden aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.
Verkehr verquer – Viele fürchten in den kommenden Monaten den Verkehrskollaps im Stadtteil. Wie wird der Zielkonflikt Kronenbrücke-Tunnel aufgelöst?
Einen Zielkonflikt Tunnel versus Kronenbrücke gibt es nicht. Das wird zwar schwierig, aber einen Kollaps wollen wir mit einem Verkehrskonzept vermeiden. Der Abriss und Neubau der Kronenbrücke für die Stadtbahn Kronenstraße – Rotteckring soll in diesem Jahr beginnen. Die Kronenbrücke wird so gestaltet, dass wir – wenn es soweit ist – ohne großen Mehraufwand hier auch den Stadttunnel bauen und anschließen können.
Wir müssen den Bürgern und uns selbst gegenüber ehrlich sein. Natürlich führt jede Baustelle  zu Beeinträchtigungen. Aber unser Ziel ist es, diese Beeinträchtigungen so gering wie eben möglich zu halten. Das haben wir mit einem guten  Baustellenmanagement bei anderen Großprojekten auch geschafft.
Glauben Sie wirklich, die Querverkehre werden allein über die Heinrich-von-Stefan-Str. abfließen? Droht nicht ein unkontrollierter Infarkt bei der Schwabentorbrücke, Kaiserbrücke, Basler- und Lorettostraße?
Unsere Fachleute glauben, dass dieses Szenario nicht so kommen wird. Die Heinrich-von-Stephan-Straße ist dank des vierspurigen Ausbaus die leistungsfähigste und auch
einfachste Querverbindung von Süden, aus der Wiehre, in Richtung Norden und Innenstadt. Während der Bauphase wird es dort vielleicht nicht mehr ganz so flüssig gehen, aber sie bleibt auch dann die leistungsfähigste und einfachste Querverbindung.  Daran orientieren sich die Autofahrerinnen und Autofahrer.
Wie werden Bürger und Bürgerverein in die Neugestaltung des Platzes bei der Johanniskirche einbezogen werden?
Im Augenblick ist das kein aktuelles Thema, aber es wird ein Thema, wenn das Amt für öffentliche Ordnung, das Bürgeramt und das Umweltschutzamt von dort in das neue Rathaus umziehen werden. Dann werden wir, wie bei allen vergleichbaren Vorhaben, die Bürgerschaft und den Bürgerverein beteiligen.
Was unternimmt die Stadt für eine qualitativ hochwertige und sozialverträgliche Entwicklung privater Flächen in der Wiehre (Stichwort: Franziskaner-Kloster u.a.)?
Die Bebauungspläne habe ich bereits erwähnt. Im konkreten Fall des Franziskanerklosters haben wir das Ziel, dass die schöne Parkanlage entlang der Maria-Theresia-Straße erhalten wird. Ein Teil des Bestands steht unter Denkmalschutz, und für einen Teil ist eine Neubebauung möglich. Wünschenswert wäre hier auch wieder eine im weiteren Sinne soziale oder schulische Nutzung. Momentan gibt es noch keinen Käufer und deshalb auch noch keine Vorstellungen, was dort geschehen könnte. Um die genannten Ziele zu sichern, liegt die
Vorlage für einen Aufstellungsbeschluss in der Schublade und wird herausgeholt, sobald es konkret wird.
Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement haben sich auch und gerade im STELL-Prozess gezeigt. Jetzt herrscht „Funkstille“. Was wird aus den Ergebnissen?
Sie sind nicht verloren. Wir sind uns mit dem Bürgerverein einig, dass derzeit andere Stadtentwicklungsleitlinien Vorrang haben, und deshalb die STELL Wiehre aufgeschoben, aber nicht aufgehoben sind.
Bürgerschaftliches Engagement braucht Raum. Viele Vereine – auch die Bürgervereine- haben keine Bleibe. Der Wiehre als größtem Stadtteil fehlt ein Bürgerforum, gleichzeitig droht der Verlust von Orten der Begegnung (z.B. Maria-Hilf-Saal). Was plant die Stadt?
Ich weiß, dass dieser Wunsch auch in den bürgerschaftlichen Foren zu den Stadtentwicklungsleitlinien formuliert worden sind. Aber ich habe nicht wirklich den Eindruck, dass der Bedarf nach einem Bürgerforum oder Stadtteilzentrum vom Gemeinderat in erster Priorität der Stadtpolitik gesehen wird, wenn ich die Situation in anderen Stadtteilen vergleiche.
Der Saal Maria-Hilf ist ja keineswegs rund-um ausgebucht, sondern eher schwach genutzt, was unter anderem ein Grund für die Aufgabe durch die Kirchengemeinde war. Gewiss gibt es nur wenige öffentliche bürgerschaftliche Räume, abgesehen vom „Haus der Jugend“ und den Räumen im ZO. Aber es gibt sehr viele Schulen, die auch von Vereinen und Gruppen genutzt werden, oder kirchliche Räume und Einrichtungen. Ich nenne als Beispiele den Petrussaal oder den Pfarrsaal St.Cyriak, und ansonsten sehr viele Gaststätten mit Nebenräumen und Sälen.
Justus Kampp