Die Skulptur von Bildhauer Werner Gürtner „stehendes Fohlen aus Betonguss“ hätte es ohne die vielfachen Veränderungen wohl nicht auf Wikipedia gebracht. Trotzdem zweifle ich persönlich daran, dass die ständige Umgestaltung des Holbeinpferdes hingenommen werden soll.

An einem Kunstwerk besteht das Urheberrecht des Künstlers und selbst der Eigentümer, die Stadt Freiburg, hat nicht das Recht, die ursprüngliche Form zu ändern, da dies eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Wenn Dritte das Pferdchen einfach umgestalten ist das schlicht Sachbeschädigung.

Störend ist dabei vor allem die Respektlosigkeit dem Künstler gegenüber; man malt der Mona Lisa ja auch keinen Schnurrbart an, schon gar nicht auf dem Original. Aber anscheinend muss selbst diese heutzutage vor Übergriffen geschützt werden.

Dass nach der teuren Renovierung durch die Stadt und den vielen Berichten darüber, dass das Übermalen das Kunstwerk zerstört hat, das Pferdchen gerade mal einen halben Tag in seiner ursprünglichen Form erhalten blieb, steht für mich für die weit verbreitete Respektlosigkeit in unserer Gesellschaft. Kein Respekt vor dem Urheberrecht und damit dem Künstler, kein Respekt vor fremden Eigentum. Selbstverwirklichung geht allem voraus, am liebsten auf Kosten anderer.

Dabei besteht eine große Anhänglichkeit der Wiehremer, um nicht zu sagen Liebe zu dem Pferdchen. So gibt es aus den 50er Jahren viele Geschichten von Kindern, die das Fohlen füttern wollten oder ihm Wolldecken überlegten, damit es im Winter nicht friert. Diese haben die Mütter vorsorglich wieder eingesammelt, damit sie wieder für das Pferdchen benutzt werden konnten. Auch wurde für die Zeit der Restaurierung Ersatz an Stelle der Skulptur gestellt zum Zeichen, dass das Pferdchen fehlt. Dieses Verhalten zeigt eine Zuneigung zum und die Akzeptanz des Kunstwerks. Die ständige Umgestaltung mag ja interessant sein, aber das könnte man
heutzutage auch digital-virtuell machen und das analoge
Pferdchen in seiner historischen Gestaltung von 1936 respektieren.

Mo Lang-Dahlke

Vita des Holbeinpferdchens

  • 1936 geschaffen vom Bildhauer Peter Gürtner als „Fohlen aus Betonguss“ mit einem Gewicht von einer Tonne und 1,90 m hoch wie lang
  • 1951 von der Stadt Freiburg gekauft und am  Holbeinplatz aufgestellt
  • 1954 1. von der Stadt verordneter Anstrich in braun
  • Ab 1980 dokumentierte nächtliche Umgestaltungsaktionen
  • 1987 1. Kuraufenthalt bei Bildhauer Gerhard Hellstein
  • 1990 Vom Sockel geholt und beschädigt durch den PKW einer älteren Dame
  • 2019 2. Kuraufenthalt bei Bildhauer Hellstein: Gewichtsabnahme von 180 kg in 3 Monaten, Kosten der Kur 5800 Euro (davon 3000 Euro gesponsert von Familie Stather)
  • Seit 3.7.2019 an den alten Standort zurückgekehrt mit verfolgbarem starken Jojo-Effekt