Das Haus Turnseestraße 8 ist das Mittelhaus eines Dreierensembles und wurde um 1900 erbaut. Das Gebäude war bis Ende 2021 bewohnt. Schon im Jahr 2018 wollte der Onkel des heutigen Eigentümers die Renovierung angehen, konnte jedoch das Projekt wegen einer schweren Erkrankung nicht umsetzen. Der Grundgedanke war, das Gebäude nach heutigen modernen energetischen Standards zu sanieren, aber dabei den historischen Gedanken und den Stil so gut es geht zu erhalten und zu bewahren. Nach dem Tod des Onkels im Jahr 2020 erbte sein Neffe nicht nur das historische Gebäude, sondern stand auch in der Verantwortung, die Renovierung zu übernehmen und diese im Sinne seines Onkels zu vollenden.

Die Pläne wurden vom damaligen Planer wieder aufgenommen: Der Kostenrahmen des Bauherrn wurde überschritten, immer weiter wurde von Wünschen des Bauherrn abgewichen, persönliche Probleme sowie fehlerhafte Planungen – und letztlich eine nicht erteilte Baugenehmigung – führten zu langer Bauverzögerung. Ein Architekt, der fast täglich mit seinem Fahrrad am Haus vorbei radelte, wurde auf das Objekt aufmerksam und bot seine Hilfe in einem handschriftlichen Brief an.

Mit einem Anruf änderten sich dann die Pläne im letzten Jahr radikal. Nichts sollte an der äußeren Form des Gebäudes verändert werden. „Nur“ die energetische Sanierung und Erneuerung der Infrastruktur des Hauses standen ab jetzt auf dem Plan – eine Baugenehmigung war hierfür nicht erforderlich.

Noch sind die Arbeiten nicht beendet – aber Bilder vom „Rohbau“ geben einen Einblick in die Arbeiten: Das alte Backsteinmauerwerk erhält eine Innendämmung mit Kalzium-Silikat-Platten. Zu den Nachbarhäusern wird ein Schallschutz eingebaut. Die alte geschwungene Holztreppe wird restauriert – so auch die Wohnungsabschlüsse. Die alten, wunderschönen geätzten Glasscheiben bleiben erhalten. Mit einer fachgerechten Aufdopplung und modernen Beschlägen werden Sicherheitsstandards erfüllt. Überall werden in den drei ca. 120 m² großen Wohnungen neue großzügige Bäder eingebaut. Im Dachgeschoss wird der ehemalige Speicher als Galerie integriert. Auf der Hofseite werden zwei kleine Souterrain-Einliegerwohnungen nach aktuellen Standards saniert. Auf dem sanierten Dach wurde eine 15 kWp Solaranlage installiert.

Der Hinterhof mit einer Eibe, die erhalten werden konnte, wird später begrünt, und im Vorgarten mit dem alten Ahornbaum entstehen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Der geschmiedete Zaun zur Straße mit seinen Sandsteinpfosten wird ebenfalls restauriert.

Beheizt werden alle Räume mit einer Fußbodenheizung, dessen zentraler Wärmeerzeuger mit Holzpellets befeuert wird. Pelletheizungen sind in die Diskussion gekommen, werden aber weiterhin gefördert. Sicher wäre auch eine Wärmepumpe möglich gewesen – aber irgendwie nur theoretisch. Mehr dazu im „Gedankensplitter“ unten.

Demnächst wird wieder Leben in das grundsanierte Haus einziehen. Die neuen Bewohnerinnen und Bewohner werden mit dem besonderen Charme eines modernisierten Altbaus mit Ecken und Kanten empfangen – Ecken, in denen seit über 100 Jahren liebenswerte Geister eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlen. Diese Geister werden niemals in neuen „Quadern“ zu finden sein!

Willi Sievers