Der Begriff des „Superblocks“ hört sich im ersten Moment nicht sehr positiv für die Stadtteilgestaltung an. Dass jedoch genau das Gegenteil der Fall ist, wurde am 6. September 2021 im Rahmen der Veranstaltung Superblocks in der Wiehre diskutiert. Organisiert wurde die Veranstaltung gemeinsam vom Bürgerverein und von der Fraktion „Bündnis 90/die Grünen“ aus dem Freiburger Gemeinderat. Die Veranstaltung gab Antworten auf die Fragen: Was genau ist eigentlich ein Superblock? Wie lässt sich der Verkehr in bestehenden Quartieren optimal reduzieren? Wie werden alle Akteure*innen gut beteiligt? Und wie können solche Superblocks konkret umgesetzt werden?

Als Referent dieser Veranstaltung war Dr. Dirk von Schneidemesser vom Verein „Changing Cities e.V.“ aus Berlin eingeladen. Er forscht als wissenschaftlicher Mitarbeiter an neuen Verkehrskonzepten. Auf seiner Website findet sich das Zitat: „Weniger motorisierter Durchgangsverkehr, mehr Fuß- und Radwege, Grünflächen sowie öffentlicher Raum für Begegnungen im Kiez – das sind die „Kiezblocks“. Das Konzept kommt aus der Berliner Zivilgesellschaft und ist inspiriert von den Superblocks in Barcelona, den „Low-Traffic Neighbourhoods“ in England und „Woonerf“-Konzepten aus den Niederlanden. Mit Kiezblocks in Berlin und „Supergrätzel“ in Wien sollen Wohnquartiere menschenfreundlicher, resilienter und nachhaltiger werden.

Am Abend des 6. Septembers sind ca. 40 interessierte Bürger*innen gekommen, um über die Idee der Superblocks zu diskutieren. Die Stadträtin Frau von Kalckreuth und Markus Ohler vom Bürgerverein führten durch den Abend. Die erste Hälfte des Abends war geprägt von der Frage: Was sind eigentlich Superblocks? Und welche Vor- bzw. Nachteile bringen diese Superblocks mit sich? Herr von Schneidemesser hatte dazu jede Menge Einblicke, Bilder und Geschichten aus seiner Forschung mitgebracht und präsentierte diese in einem kurzen Vortrag. Die Kernaussage, zu der er immer wieder kommt, lautet: „Ein Kiezblock ist ein Kiez, in dem Menschen priorisiert werden vor dem motorisierten Durchgangsverkehr“. Ohne die Beteiligung der Bürger*innen vor Ort gehe gar nichts, denn der Kiezblock soll ja für die Menschen da sein, so Herr von Schneidemesser. Er stellte abschließend noch einen ganzen Baukasten an Möglichkeiten vor, wie man ein Quartier umgestalten kann. Praktische Beispiele sind sogenannte „Modale Filter“: Herausnehmbare oder automatisch absenkbare Poller, die nur den Fuß- und Radverkehr bzw. Rettungs- und Nutzfahrzeuge durchlassen. Natürlich bringt diese Idee auch viele Bedenken und Fragen mit sich. So stellt einer der Gäste an Herrn von Schneidemesser die Frage, wie sich ein solches Verkehrskonzept mit den Bedürfnissen von Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind, und den Bedürfnissen des Einzelhandels vereinbaren lässt. Herr von Schneidemesser führte dazu unter Anderem eine Grafik aus seiner Forschung an, die zeigt, dass die öffentliche Wahrnehmung der Autonutzung zwischen 5 und 15% über der tatsächlichen Nutzung liegt. Die Erklärung für diese Diskrepanz liegt darin, dass man sich an die Nutzung des Autos gewöhnt hat und man erst nach der Umstellung auf alternative Verkehrsmittel feststellt, wie gut man ohne ein Auto in der Stadt klarkommt. Aber auch hier betonte Herr von Schneidemesser, dass solche Konzepte ohne die Beteiligung der Menschen vor Ort nicht funktionieren.

Im zweiten Teil des Abends konnten die Teilnehmer*innen schließlich die theoretischen Beispiele aus dem ersten Teil praktisch umsetzen. Hierzu lagen große Stadtpläne von den zwei Stadtteilen Wiehre und Haslach aus. In Gruppen sollten die Teilnehmer der Veranstaltung nun überlegen, wie man die Ideen von Herrn von Schneidemesser auf die beiden Stadtteile übertragen könnte. Am darauffolgenden Tag bestand dann die Möglichkeit, bei Stadtteilspaziergängen durch die Wiehre bzw. durch Haslach Ideen auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen. Die Superblock-Veranstaltung am Vorabend mit ihren vielen neuen Konzepten und Ideen machte es möglich, den Stadtteil und seine verkehrstechnischen Herausforderungen mit ganz anderen Augen zu sehen. Der Stadtteilspaziergang endete in der Wiehre im Café Förster Max mit einer Tasse Kaffee, wo wir sogleich mit dem Inhaber über die neu gestaltete Kreuzung sprachen. An dieser Kreuzung wurden Fahrradstellplätze gebaut, um zu verhindern, dass die Kreuzung durch parkende Autos zugestellt und somit schlecht einzusehen ist. Durch die Neugestaltung der Kreuzung sei es hier nun viel übersichtlicher und gerade die Sicherheit für den Fuß- und Radverkehr habe sich deutlich verbessert. Auch den Teilnehmer*innen des Stadtspaziergangs fiel auf, dass man an dieser Kreuzung sehr gerne verweilt und die Lebensqualität verbessert wurde. Für diese Umgestaltung ist das Garten- und Tiefbauamt verantwortlich und man wünschte sich, dass viel mehr Kreuzungen so gestaltet werden. 

Markus Ohler