Hinter der unscheinbar erscheinenden Fassade des Vollrath-Hermisson-Hauses in der Brombergstraße herrscht reges Leben und befindet sich die Anlauf- und Beratungsstelle für aus der Haft entlassene Männer und – nur wenige – Frauen.

Vollrath Hermisson war der erste Vorsitzende des gemeinnützigen „Bezirksvereins für soziale Rechtspflege Freiburg“, der von der Stadt Freiburg, dem Justizministerium, dem Landesverband und durch Mitgliedsbeiträge sowie Spenden getragen wird.

Seit dem Jahr 1981 befindet sich die Anlauf- und Beratungsstelle in der Brombergstraße 6 im ehemaligen Gasthaus Sternen, gleichzeitig entstanden in dieser Zeit auch neue Wohnbereiche im Hinterhaus. Im Jahr 1998 wurde das Haus umgebaut und eine Cafeteria im Erdgeschoss, die der zentrale Raum wurde, eingerichtet.

Welche Ziele verfolgen die sechs hauptamtlichen Mitarbeiter*innen?
Zuallererst unterstützen sie die Haftentlassenen, sich wieder in die Gesellschaft einzufinden, d.h. ein straffreies, selbstständiges und sozial verantwortliches Leben führen zu können. Da die Haft Menschen in besonderer Weise prägt, geht es auch darum zu helfen, Rückfälle und Haft zu vermeiden und andere Perspektiven zu eröffnen.

Um diese Ziele zu erreichen, nimmt die Anlaufstelle auf Wunsch des Häftlings bereits während der Haft Kontakt auf, bereitet mit ihm gemeinsam die Entlassung vor und unterstützt unmittelbar nach der Haftentlassung bei den notwendigen Behördengängen. Zur Rückfallvermeidung hilft sie bei der Verwaltung der persönlichen Finanzen und Regelung etwaiger Schulden sowie bei der Arbeits- und Wohnungssuche. Da die Anlaufstelle über Wohnungen verfügt, ist es als Übergangslösung möglich, Haftentlassene befristet dort wohnen zu lassen.

Da die Zeit in der Haft meist tiefe Spuren hinterlässt, vermittelt die Anlaufstelle auch beispielsweise in Einrichtungen der Suchthilfe. Viele Haftentlassene erfahren sich als einsame Menschen, daher sind die Cafeteria, die von 10 Uhr bis 13 Uhr geöffnet ist und in der am Mittwochabend gemeinsam gekocht wird, sowie die tägliche „offene Sprechstunde“ ein besonders gerne wahrgenommenes Angebot. Die Freizeitangebote wie Kanufahrten, Ausflüge, Bowling, der Weihnachtsmarkt im Advent, die Weihnachts- und Jahresabschlussfeier wären ohne die Mitarbeit der ca. 20 Ehrenamtlichen nicht möglich. Ein besonderes Ereignis ist das nun auch dieses Jahr wieder stattfindende „Brombergstraßenfest“.

Darüber hinaus bietet der Bezirksverein für soziale Rechtspflege drei weitere besondere Projekte an:

  1. Das Arbeitsprojekt bietet langzeitarbeitslosen Haftentlassenen durch Haushaltsauflösungen, Entrümpelungen und einfache Renovierungen einen arbeitsmarktnahen Lern- und Erfahrungsraum und eine – für uns alle notwendige – feste Tagesstruktur.
  2. Straffällig gewordene Menschen können durch das Projekt „EinsA“ zum Einsatz in gemeinnützige Arbeit vermittelt werden, d.h. gemeinnützige Arbeitsstunden leisten.
  3. Das Projekt „gegen-gewalt-tätig“ bietet neben der Beratung und Krisen-intervention auch ein Anti-Gewalt-Training für erwachsene Gewalttäter*innen, die ihre Taten, Bedrohungen und Wutausbrüche im privaten und öffentlichen Raum aufarbeiten wollen.

Wer nimmt die Angebote der Anlaufstelle wahr?
Zwei Drittel der Haftentlassenen sind zwischen 20 und 60 Jahren alt und leben alleine, 94% sind männlich, da die JVA Freiburg eine Haftanstalt für männliche Inhaftierte ist. Fast die Hälfte der 154 Betreuten haben zwischen vier und acht Jahre Hafterfahrung. Die meisten verfügen nicht über aus-reichende berufliche Qualifikationen, sind gesundheitlich geschwächt und somit auf staatliche Unterstützung angewiesen.

Wie sehr die Aktivitäten der Mitwirkenden des Vollrath-Hermisson-Hauses ein Gewinn sind, lässt sich an der sehr geringen Rückfallquote derer messen, die diese Unterstützungen wahrnehmen und sich täglich in diesem Hause treffen können.

Wenn Sie das Haus näher kennenlernen, mit den aus der Haft Entlassenen sowie mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch kommen wollen, dann besuchen Sie das Brombergstraßenfest am 24. Juni von 14 Uhr bis 21 Uhr. Näheres können Sie auch dem Plakat (siehe PDF Seite 2) entnehmen.


Claus Ramsperger