In vorfreudiger Erwartung fand sich der Vorstand unseres Bürgervereins am 1. Dezember 2024 bei kaltem trockenem Wetter zur Eröffnung des nun schon dritten klingenden Adventskalenders am Annaplatz ein. In diesem Jahr fiel zum ersten Mal die Eröffnung auf den 1. Advent. Für die sehr zahlreich erschienenen Zuhörer*innen wurde nach dem obligatorischen 18 Uhr-Läuten der Annakirche das erste Kalendertürchen durch das achtköpfige Bläserensemble um Johannes Weinert feierlich geöffnet; gefolgt vom schon bekannten Lied „Hey, ich schenk Dir nen Kalender“ und einem bunten Strauß an Liedern durch den Chor Anchora. Unter dem Klang der Bläser endete die Eröffnung mit Glühwein und guten Gesprächen (8).
Zu unserer großen Freude sind in der Vorbereitung des Adventskalenders etliche neue Künstler*innen auf uns zugekommen und genauso erfreulich war es, dass die meisten Mitwirkenden der vergangenen beiden Jahre mit neuen Ideen und wunderbaren Beiträgen wieder dabei waren.
Allen voran unsere beiden Grundschulen im Quartier. So präsentierte der Chor der 2.–4. Klasse der Lorettoschule mit vollem Stimm- und Körpereinsatz unter der Leitung von Frau Alice Schneider neue Weihnachtslieder. Hinreißend ihr rhythmischer Sprechgesang mit der Frage, wo der Weihnachtsmann die vielen Geschenke her hätte. Ihre moderne Mutmaßung „hast du nen guten Sponsor oder Geld wie Sand am Meer?“ (1). Auch die Schülerinnen und Schüler der Turnseeschule begeisterten ihr zahlreich erschienenes Publikum mit Gesang und Tanz und gaben zuletzt mit „Feliz Navidad“ noch einen ganz besonderen Ohrwurm mit auf den Heimweg (4).
Der Gescher Chor, dessen Auftritt mit dem Beginn des Chanukka-Festes zusammenfiel, sang eindrucksvolle Lichtlieder unter dem Titel „Wir vertreiben die Dunkelheit“ und meinten die Dunkelheit des Winters, aber auch die Dunkelheit in der heutigen Welt. Danach wurden die Zuhörer*innen mit köstlichen Kartoffelpuffern, einem besonderen Chanukka-Leckerbissen und Punsch verwöhnt. Ein vorwiegend junges Publikum fanden Anna und Nico, ein deutsch-amerikanisches Paar, in der Basler Straße mit ihrem deutsch-englisches Christmas Singalong. Von einer Gitarre begleitet standen da Menschen in einem Kreis um ein Feuer im Hinterhof unter vereinzelt beleuchteten Hausfenstern und sangen gemeinsam englische und deutsche Weihnachtslieder. So einfach und so spürbar kann Gemeinschaft sein (12). Auch der Frauenchor „Femmes vocales“ hat mit Charlotte Gareis unter dem Titel „Frauenstimmen grenzenlos“ mit viel Sensibilität und Power sein Publikum mit Liedern aus unterschiedlichsten Kulturkreisen berührt und begeistert (2). In der Halle des Neuen Wiehrebahnhofes rückten mehr als fünfzig Liedlieb-haber*innen Bänke und Stühle zusammen und folgten der Einladung von Marion Oerding und ihrem Chor „Klangart Wiehre“ zu Weihnachtsliedern aus aller Welt. Viel Begeisterung rief auch das Vokalensemble „Canta Nova“ mit vier wunderbar harmonierenden Solist*innen unter der Leitung von Frau Ruth Schulze-Wessel hervor, die Musikstücke aus sechs Jahrhunderten (7) unter dem Titel „Vom Anfang und Ende der Nacht“ darboten.
Neben dem Gesang begeisterte in diesem Jahr auch die klassische Instrumentalmusik mit zahlreichen Darbietungen. Erstmals öffnete dabei die Christuskirche ihre Tore. Katharina Gerbitz (Klavier) und Violina Sauleva (Bratsche) brachten als „Duetto Loretto“ zur allabendlichen Kalenderzeit eine Mozartsonate zu Gehör. Ein besonderes Hörerlebnis bot auch das Trio um Marlene Reincke mit Cello, Flöte und Geige/Bratsche. Nicht nur ihre Musik beeindruckte, sondern auch das besondere Ambiente ihres „Konzertsaales“, ein Jugendstiltreppenhaus mit Wendeltreppe, wo die Zuhörer*innen auf den Stufen ihren Platz fanden (10). Auch zum ersten Mal begrüßten wir das Holzblasquartett mit Astrid Pechmann (Flöte), Christina Uherek (Oboe), Felix Schaub (Klarinette) und Marius Hörner (Fagott). Nach einem kurzfristigen Ortswechsel vom Alten zum Neuen Wiehrebahnhof bezauberten sie ihr Publikum mit Stücken aus dem französischen Barock.
Die Vielfalt der künstlerischen Darbietungen und der Ideenreichtum waren überwältigend. So fanden sich im Garten der Konradstraße 35 zwischen zwei Regenschauern auch in diesem Jahr eine Klarinette und fünf Akkordeons ein und spielten wunderschöne Musik vom Balkan für die Wiehre. In den nachfolgend angebotenen Glühwein fielen dann schon wieder Regentropfen (5). Ohne Regen, dafür mit viel Schwung und tollen Rhythmen brachte die Marching Band „Kiss el Funk“ mit Heinz Spagl ein großes Publikum in Bewegung (6). Im Rosshaldeweg gab es auch dieses Jahr wieder ein besonderes Hauskonzert mit Rezitation (Dorothea Spring). Die Geschichte „Weihnachten mit Hindernissen“ zeigte wieder einmal, dass echte Weihnachtsfreude unabhängig ist von materiellen Gütern. Sie wurde beeindruckend umrahmt von Margrit Molt-Symalla (Klavier), Beatrix Kirchhofer (Flöte), Lusine Arakeljan (Cello) mit einer Haydn-Sonate. Der begnadete Pianist und Meister der Improvisation Mike Kaufman-Portnikov überraschte in diesem Jahr seine Zuhörer*innen mit der musikalischen Begleitung zum Film „The Cure“ von Charlie Chaplin von 1916, der exzessiven Alkoholgenuß und dessen Folgen in der feinen Gesellschaft parodierte.
Wieder mit dabei war auch Michael Pöhlmann mit seinem Bassballett und so hatte das gewählte Motto der diesmal vierköpfigen Kontrabassgruppe „alles Jahre wieder“ gleich eine doppelte Bedeutung (3). In einem verborgenen Innenhof der Kirchstraße luden Dorothea Grube (Klarinette) und Jörn Bartels (Klavier) erstmalig ein und erfreuten ihre Zuhörerschaft mit ernsten und heiteren Musikstücken und Texten.
Im dritten Jahr in Folge war die Geschichtswerkstatt der Lessingschule unter Roswitha Dienst-Demuth, diesmal mit einem eindrucksvollen Film „20 Jahre, Rückkehr an die vergessene Schule“ von Bodo Kaiser über den Besuch ehemaliger jüdischer Schüler*innen in ihrer alten Zwangsschule mit dabei (9). Nach Jahrzehnten kehrten sie aus der ganzen Welt als Besucher*innen zurück, kamen mit Schüler*innen ins Gespräch und gaben Zeugnis ab über die Verfolgung. Das Ganze wurde musikalisch liebevoll begleitet durch Anita Morasch.
Kerzen wiesen den Weg zum Alten Klavierdepot an der Schwarzwaldstraße. Petra Gack präsentierte Geschichten mit ungewöhnlichem Ausgang und besinnlichen Tönen, begleitet von Mike Schweizer (Saxophon). Ein intimes Ereignis. Danach wurden die Zuhörer*innen mit Punsch und Gebäck verwöhnt.
Gleich am 2. Dezember öffneten erstmals die Freiblocks ein Türchen im Adventskalender; bei strömendem Regen im Eingangsbereich des Walter-Eucken-Gymnasiums mit „Stadtgeschichten“, kleinen Lesestücken zum Thema Stadt von verschiedenen Autoren, die erraten werden sollten. Es gelang den Zuhörer*innen nicht, herauszufinden, welcher der Texte von KI geschrieben worden war. Vielleicht lag es am Regen, doch der Punsch hatte den Frust darüber ohnehin weg-
gespült.
Das letzte Türchen im Adventskalender öffneten die Schüler Ruben und Paul. Ihre glockenhell vorgetragenen Gesangsstücke, die sie selbst mit Kontrabass und Geige begleiteten, brachten ihr Publikum zu wahren Begeisterungsstürmen und die anwesenden Vorstandsmitglieder zu dem spontanen Entschluss, die beiden Zwölfjährigen als Vorband für die „Wiehre Show“ am 13. Februar 2025 „vom Fleck weg“ zu engagieren (11).
Als Resümee nach den 22 Tagen im Dezember freuen wir uns, dass der klingende Adventskalender in unserem Quartier richtig angekommen ist. Von einer Tradition zu sprechen, ist noch zu früh, aber er hat seinen festen Platz gefunden. Wir bedanken uns sehr bei den so zahlreichen Menschen, die zu den frühabendlichen Darbietungen gekommen sind, ob es regnete oder schneite, und die vielleicht mit einem Lächeln oder einer kleinen Freude im Herzen wieder nach Hause gegangen sind. Besonders herzlich bedanken wir uns bei allen Künstler*innen für ihre Ideen, für ihre Begeisterung, für ihre Zeit und ihr Üben. Wir bedanken uns für die besonderen Geschenke, die sie uns in diesen Tagen gemacht haben und hoffen auf „alle Jahre wieder“.
Gabriele Denz mit dem Vorstand