Zwanzig Jahre bestimmte Rolf Böhme die Geschicke unserer Stadt als Oberbürgermeister, zuvor war er Bundestagsabgeordneter und parlamentarischer Staatssekretär gewesen.

Seine Wahl zum Oberbürgermeister 1982 war knapp, im ersten Wahlgang lag er hinter Sven von Ungern-Sternberg, dem Baubürgermeister. Er dachte an Aufgeben, wurde aber in seinem Freundeskreis umgestimmt.

Die Stadt hat sich in diesen zwanzig Jahren stark verändert: Böhme war kulturell interessiert, er setzte gegen erhebliche Widerstände den Bau des heute nicht mehr wegzudenkenden Konzerthauses durch; er betrieb die Sanierung des in die Jahre gekommenen Theaters. Der Ausbau des Augustinermuseums, die Gründung des Museums für Stadtgeschichte wie auch des Museums für Neue Kunst fallen in seine Ära, aber auch die Landesgartenschau, die auch zu einem neuen Wohnquartier führte. Sein Engagement für das Jazzhaus sei nicht vergessen.

Der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung fielen in seine Zeit, beides begleitete er anfangs skeptisch; der Autor erinnert sich gut an die Eröffnung einer kleinen Ausstellung von DDR-Verlagen zwei Tage nach der Maueröffnung, als Böhme meinte, die Vorgänge in Berlin seien für uns nicht so wichtig, wir leben mitten in Europa in Nachbarschaft zu Frankreich und der Schweiz.

Die Wiedervereinigung zog 1992 den Abzug der französischen Truppen nach sich, wodurch nicht nur in der Unterwiehre zahlreiche Wohnungen, sondern das ganze Vauban-Kasernengelände frei wurden. Auch damals wurde die Stadt von Wohnungsnot geplagt, da kamen diese Wohnungen und das neue Baugelände gerade richtig. – Einige Jahre zuvor war unter Schmerzen ein Teil des Rieselfeldes zum Baugebiet gemacht worden; Böhme hätte gerne das ganze Rieselfeld gehabt, scheiterte aber auch an seiner eigenen Partei und musste sich auf den heute noch gültigen Kompromiss einlassen. Angesichts der aktuellen Wohnraumdebatte in Freiburg bedauerte er noch wenige Wochen vor seinem Tode die damalige Entscheidung: „Klaus, das ganze Rieselfeld, das wär’s gewesen!“ – Für die Wiehre brachte der Abzug der französischen Truppen die Entwicklung des Quartiers westlich der Merzhauser Straße mit sich.

Die Wiedervereinigung hatte in der Wiehre noch eine Auswirkung: Die EU-Badewasser-Regelungen wurden für Deutschland für mehrere Jahre ausgesetzt – in den neuen Bundesländern hätte es sonst keine Freibäder mehr gegeben. Nutznießer war bei uns das Lorettobad, das von der Schließung bedroht war. In Ruhe konnten Bürgerverein und Förderverein ein Konzept für die Sanierung und – für Rolf Böhme als Finanzfachmann besonders wichtig – für die Finanzierung entwickeln und vorlegen. Böhme war begeistert: Das Konzept wurde eins zu eins umgesetzt.

Mit dem Ausbau der Nord-Süd-Bahnhofsachse wurde begonnen: Zuerst die Verlegung der Merzhauser Straße, dann folgte – beschlossen am Ende seiner Amtszeit – der Ausbau der Heinrich-von-Stephan-Straße mit der Entwicklung des alten Postbahnhofgelandes. Der Bahnhof wurde neu gebaut, verbunden mit einer leistungsfähigen Straßenbahntrasse, die den Westen der Stadt näherbrachte.
Mit einem Konzept zum Ausbau der B 31 in Tunnellage hatte Böhme 1982 Wahlkampf gemacht – umgesetzt werden konnte es bislang nur im Osten. – Die Auseinandersetzung um die Führung der neuen Straßenbahnlinien nach Haslach und Vauban durch die Unterwiehre hätte zu Blessuren führen können: Böhme und der Autor vertraten konträre Positionen. Der freundschaftlichen Verbundenheit tat dies dann aber keinen Abbruch: An Böhmes 65. Geburtstag wurde das kurz geklärt. Im Beschluss zum Ausbau der Heinrich-von-Stephan-Straße konnte er eine Koppelung für die von ihm favorisierte Ringtrasse unterbringen. Schade, dass er die Eröffnung der neuen Linie nicht mehr erleben konnte.

Die Bürgervereine blühten zu Böhmes Zeit auf: Er nutzte sie als Transmission in die Stadtteile, wertete sie auf diesem Wege aber auch auf. Sie waren wichtige Gesprächspartner für ihn, die aber andererseits ihre Eigenständigkeit bewahrten: Gerne hätte er sie bei den Bürgerentscheiden um das Konzerthaus oder die Straßenbahn auf seiner Seite gehabt – da waren sie in ihrer Gesamtheit neutral, wenn auch der eine oder andere Bürgerverein Stellung bezog.

Mehr als ein halbes Jahrhundert hat Rolf Böhme in der Wiehre gewohnt, er hat diesen Stadtteil geliebt und hier ist er Anfang Februar im 85. Lebensjahr gestorben. Die Wiehre hat ihm zu danken.

Klaus Winkler