24 Bürgerinnen und Bürger versammelten sich am am 29. April 2022 im Bioweingut von Andreas Dilger, um den Grundstein für eine Verkehrsberuhigung in der Unterwiehre zu legen. Eine zentrale Forderung: Mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz für die Kinder der dort anliegenden Schulen und Betreuungseinrichtungen. 

Die Verkehrsentwicklung in der Unterwiehre ist besorgnis-erregend. Immer mehr Kfz kürzen zwischen Günterstalstraße und Merzhauser Straße ab, anstatt die dafür vorgesehene Umfahrung über die B31 zu nutzen. Besonders sichtbar ist der Anstieg des Kfz-Aufkommens in der Lorettostraße. Seit Februar 2021 werden dort Verkehrs-bewegungen und Feinstaubemissionen durch anliegende Privatpersonen erfasst¹. „Über 6000 Kfz zwängen sich an Werktagen durch die Lorettostraße“, berichtet Nele Schreiber, Unterstützerin des Bündnisses Lorettostraße und Mutter mehrerer Schüler*innen der Lorettoschule. Zum Vergleich: Die B31 besitzt am Tunnel Ost eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) von 15000 Kfz². 

Die Belastung durch Feinstaub liegt dadurch regelmäßig über den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerten. „Tagtäglich werden die Grundschulkinder auf ihrem Schulweg massiv gefährdet und dürfen zudem die ausgestoßenen Schadstoffe einatmen“, moniert Schreiber, „und statt dass die Stadt sich endlich an die Arbeit macht und ein ordentliches Verkehrskonzept erarbeitet, schieben sie dieses Projekt seit Jahren vor sich her, immer wieder finden sie Ausreden. Wie lange müssen Kinder und Anwohner*innen noch auf die Menschen im Garten- und Tiefbauamt warten?“

Über 60 Privatpersonen, anliegende Geschäfte und Einrichtungen haben sich dem Bündnis Lorettostraße inzwischen angeschlossen. Das klare Ziel der Initiative: Den Durchgangsverkehr durch das Viertel wirkungsvoll unterbinden. Davon profitierten nicht durch die Kinder im Quartier durch gesündere und sicherere Schulwege. Auch könnten durch die angestrebte Verkehrsberuhigung Beiträge zum Klimaschutz und dem Ziel der Landesregierung, das Kfz-Aufkommen bis zum Jahr 2020 um 33% zu reduzieren³, geleistet werden. 

Als erster Schritt ist die Umsetzung einer sechsmonatigen Testphase gefordert. Begleitet werden soll diese von Prof. Dr. Stefan Gössling, einem renommierten Experten für nachhaltige Verkehrsentwicklung, der unter anderem an der schwedischen Linné-Universität lehrt. Bei den Untersuchungen sollen auch Auswirkungen auf die anliegenden Geschäfte sowie mögliche Verlagerungen des Verkehrs auf andere Straßen im Viertel analysiert werden. „Forschungsergebnisse legen nahe, dass Bedenken der anliegenden Geschäfte bezüglich möglicher Nachteile einer Verkehrsberuhigung in den meisten Fällen unbegründet sind“, so Gössling, der mit einem Vortrag zum aktuellen Stand der Forschung den Auftakt der Abendveranstaltung gestaltete. Vorteile eines höheren Anteiles an Laufkundschaft, die eine Steigerung der Lebensqualität mit sich bringt, würden dagegen regelmäßig unterschätzt. 

Die Initiative startete ausgehend vom Bürgerverein Mittel- und Unterwiehre. Anfang des Jahres schlug der Bürgerverein im Wiehre-Journal 73 verschiedene Varianten einer Verkehrsberuhigung der Unterwiehre vor, um die Diskussion über Lösungsmöglichkeiten wieder ins Rollen zu bringen. Gleichzeitig muss man sagen, dass die Varianten nur rudimentäre Vorschläge sind, ohne jeglichen Anspruch, diese auch eins zu eins umzusetzen. Das Echo auf den Beitrag fiel überwältigend positiv aus. Viele Menschen im Quartier sehnen sich nach weniger Lärm, einer besseren Luftqualität und einer insgesamt höheren Aufenthaltsqualität. Zusätzlich sind die kommunalpolitischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Forderungen aktuell günstiger als je zuvor. 16 Millionen Euro will die Stadt Freiburg in den nächsten beiden Jahren in den Fuß- und Radverkehr investieren – eine Rekordsumme. 

Ob die Stadt auch für die Anliegen des Bündnisses Lorettostraße die Weichen stellt, wird sich womöglich in den nächsten Sitzungen des Mobilitätsausschusses entscheiden. Ein interfraktioneller Antrag des Gemeinderates hat Ende Februar die Stadtverwaltung um Prüfung der vorgeschlagenen Konzepte des Bürgervereins gebeten. Ziel ist es, gemeinsam mit der Stadt die Priorität der Lorettostraße wieder in den Vordergrund zu heben. Dass es für die Lorettostraße keine einfache und für alle Verkehrsteilnehmer*innen zufriedenstellende Lösung gibt, ist selbstverständlich. Allerdings könnte solch ein Pilotprojekt dazu beitragen, eine möglichst gute Lösung zu finden, die auf dem Engagement von Bürger*innen und messbaren Daten beruht.

Im Vorfeld möchte das Bündnis unter anderem mit einem Aktionstag am 3. Juli 2022 die Vorteile einer Verkehrsberuhigung aufzeigen. An diesem Tag soll die Lorettostraße zwischen Goethestraße und Schwimmbadstraße erneut zum Pop-Up-Boulevard verwandelt werden und der Mehrwert einer Verkehrsberuhigung für das Quartier erlebbar gemacht werden. 

Interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie im Quartier ansässige Unternehmen und Einrichtungen sind herzlich willkommen, an dem Pop-Up-Boulevard teilzunehmen, dem Bündnis beizutreten und die nächsten Schritte gemeinsam mitzugestalten. 

Kontakt: buendnis.lorettostrasse@posteo.de 

Max Tromsdorff (Initiative) und Markus Ohler (BV)

¹ Telraam: https://telraam.net/en#9/49.5403/8.5782 25.5.22

² Bundesanstalt für Straßenwesen: https://www.bast.de/DE/Verkehrstechnik/Fachthemen/v2-verkehrszaehlung/Aktuell/zaehl_aktuell_node.html?nn=1819516&cms_detail=8540&cms_map=0 25.5.22

³ https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/politik-zukunft/elektromobilitaet/landesinitiative-iii/ 25.5.22