Es sind viele Katastrophen und Krisen, mit denen wir uns derzeit auseinandersetzen müssen: Kriege, Klimawandel, Artensterben und eine Aushöhlung der Demokratie, um nur einige anzusprechen. Es gibt ein gemeinsames Momentum bei diesen politischen, gesellschaftlichen und menschlichen Herausforderungen. Wir sind aufgefordert, neu nachzudenken, über unseren Umgang miteinander, unsere ökonomischen Abhängigkeiten, unsere Lebensmittelproduktion, unsere Ernährungsstile, unseren Ressourcenverbrauch, kurz gesagt: unseren „way of life“. Am 2. Mai 2024 war für 2024 der deutsche Erdüberlastungstag, das heißt, zu diesem Datum hatte die deutsche Gesellschaft bereits die Ressourcen des gesamten Jahres aufgebraucht. Da Klimafragen und Artenverlust, obwohl sehr dringlich, als Themen deutlich in den Hintergrund gerückt sind, ist davon auszugehen, dass dieser Tag 2025 eher noch früher sein wird.
Insbesondere der Verkehr auf der Straße trägt maßgeblich zu den vom Verkehr verursachten CO Emissionen bei – 94,5 % der 8,7 Gigatonnen CO-Äquivalente pro Jahr, die dem Verkehr in Deutschland zugeordnet werden. Das sind 15 % der Gesamt-Emissionen eines Jahres. Gleichzeitig ist der Straßenverkehr derjenige Bereich, in dem die Emissionen nicht sinken, sondern immer weiter steigen, da die Effizienzgewinne von sparsameren Motoren durch immer größere und schwere Autos überkompensiert werden. Und viele noch wider besseres Wissen schnell einen großen Verbrenner kaufen. In Freiburg gibt es ca. 600 Autos pro 1000 Haushalte und die wenigsten davon sind E-Autos. Sollen die selbstgesetzten Klimaziele erreicht werden, muss diese Zahl in den nächsten 10-15 Jahren auf 150 Autos sinken – so die Aussage beim Auftakt zum Klimamobilitätsplan 2022 im Konzerthaus. Das scheint reichlich unrealistisch, auch wenn es nötig wäre.
Um Schlimmeres zu verhüten, müssen wir jetzt emissionsmindernde Maßnahmen ergreifen. Und dazu gehört ganz dringend der Verkehr. Die Debatten der letzten Monate und Jahre haben gezeigt, es wird immer dann sehr schwierig, wenn es konkret wird. Das zeigt auch die Diskussion um den geplanten Autobahn-Stadttunnelbau in Freiburg. Anfang der 80er-Jahre konzipiert, wird 40 Jahre später an der konkreten Planung gearbeitet. In dieser Zeit ist der gesamte Verkehr deutlich angewachsen, die Lastwagen sind größer und schwerer geworden und auch die PKW haben an Volumen zugenommen. Ca. 60.000 dieser großen und sehr großen Automobile fahren mitten durch Freiburg. Es kann nicht sein, dass wir das einfach nur fortschreiben und hinnehmen.
Es soll jetzt hier kein Plädoyer für oder gegen den Autobahnausbau mit Tunnel gehalten werden, auch wenn die Frage gestellt werden darf, ob nach 40 Jahren nicht Planungen erneut auf den Prüfstand gestellt werden müssen, insbesondere weil Klimaaspekte bei der Planung keine wesentliche Rolle gespielt haben. Es geht sehr dringend um die Aufgabe, bereits jetzt, insbesondere den Schwerverkehr, aber auch den durch den vielen Online-Handel induzierten Verkehr zu reduzieren. Denn es dürfte noch einige Zeit dauern, bis ein möglicher Bau überhaupt begonnen werden könnte. Das Verkehrsministerium bestand im Zuge der Debatte 2023 um Planungsbeschleunigung darauf, dass auch der Bau von Autobahnen einbezogen wird. Daraus war eine Liste von 144 vorrangigen Ausbauprojekten hervorgegangen. Dabei ging es nie um Neubau, sondern immer nur um einen möglichen Ausbau bereits bestehender Autobahnabschnitte. Die mögliche A 860 mit Tunnel stand als Neubau nicht auf dieser Liste. Mit dem Aus der Ampel dürften auch diese Pläne Makulatur sein.
Die Lärmkartierung, die im Sommer des Jahres 2024 veröffentlicht wurde, verdeutlicht, dass sowohl im Westen wie im Osten der Stadt entlang der B31 die vertretbaren Lärmpegel sowohl tags wie auch nachts an vielen Stellen deutlich überschritten sind. Die Stadt ist gesetzlich verpflichtet hier für Abhilfe zu sorgen. Auf einen möglichen Tunnelbau zu warten, wird keine Lösung sein, denn mittlerweile wird ein möglicher Baubeginn frühestens Mitte der dreißiger Jahre, wenn nicht sogar erst 2040 erwartet. Auch viele der Befürworter glauben nicht mehr an einen Bau.
Wir brauchen also dringend einen Plan B für die Entlastung der betroffenen Menschen, die entlang der jetzigen B31 wohnen, sowohl im Westen wie auch im Osten oder in der Innenstadt. Wiederholt haben die Bürgervereine gefordert, ein Durchfahrtverbot für alle Schwerlaster über 12t zu erlassen, die die B31 nur zur Durchfahrt von West nach Ost, also von Freiburg nach Donaueschingen oder umgekehrt benutzen.
Ein erster Schritt wäre, die vorhandenen Mautdaten auswerten zu lassen, um eine Grundlage dafür zu haben, auf wie viele Fahrten dies zutrifft. Doch weder die Stadt noch das Regierungspräsidium scheinen daran Interesse zu haben. Mehrere Bitten, als Verwaltung diese Daten anzufordern (nur Verwaltungen können dies tun), sind bisher ins Leere gelaufen.
Und auch wenn die Forderung nach einem Transitverbot schon mehrfach abschlägig beschieden wurde, können wir diese Forderung nur erneut formulieren. Denn sie könnte ein wichtiger Baustein sein, um die gesetzlich verpflichtende Entlastung der Menschen entlang der B31 aufgrund der gesundheitsschädlichen Lärmpegel anzugehen.
Beatrix Tappeser, Vorsitzende BV Oberwiehre-Waldsee-Oberau